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Bernhard Baumgärtner (1903 - 1941)

24.05.1938 KZ Buchenwald
22.05.1941 KZ Mauthausen
5.12.1941 Tod KZ Gusen

Bernhard Baumgartner wurde am 5. Dezember 1903 in Burgberg geboren, einer Gemeinde mit zahlreichen jenischen Bürgern im württembergischen Oberamt Heidenheim. Er wuchs in einer Großfamilie mit sieben jüngeren Geschwistern und zahlreichen Halbgeschwistern auf. Wie sein Vater verdingte er sich als Tagelöhner. Mehrere Male wurde er wegen kleineren Betrugsdelikten im Bürgermeisteramt von Burgberg aktenkundig. Der dortige Bürgermeister hat ihm im Oktober 1936 und im Mai 1937 „auf Grund von § 361 Ziffer 8 des RStGB. unter Strafandrohung die Auflage gemacht, sich alsbald eine Arbeitsstelle zu verschaffen und sofort nach Annahme einer Arbeit der Ortspolizeibehörde Anzeige über die Person seines Arbeitgebers zu machen.“
Bernhard und sein jüngerer Bruder Hermann (geboren am 3. Dezember 1908 in Burgberg) wurden im April 1938 im Rahmen der „Aktion Arbeitsscheu Reich“, einer reichsweiten Verhaftungsaktion von vermeintlich arbeitsscheuen Personen, auf Anordnung der Staatspolizeileitstelle Stuttgart hin verhaftet. Die konkreten Gründe für die Verhaftung der Brüder Baumgartner sind nicht überliefert. Allerdings ging das Kreisjugendamt Ulm 1951 in seiner Korrespondenz mit dem Landesamt für die Wiedergutmachung davon aus, dass Bernhard Baumgartner „wegen asozialen Verhaltens verfolgt wurde“. Dies begründete die Behörde mit einer stigmatisierenden retrospektiven Beschreibung: „Baumgartner war arbeitsscheu, wechselte seinen Arbeitsplatz dauernd und entzog sich böswillig seiner Unterhaltspflicht.“
Die Brüder Baumgartner wurden nach sechs Wochen Haft im Amtsgerichtsgefängnis Heidenheim am 24. Mai 1938 zusammen mit dem größten Teil der Betroffenen der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ aus Württemberg und Hohenzollern in das Konzentrationslager Buchenwald eingewiesen. Es ist zu vermuten, dass sie mit schwarzen Winkeln auf der Häftlingskleidung als ‚asoziale‘ Häftlinge kenntlich gemacht wurden. Bernhard Baumgartner erhielt die Häftlingsnummer 4009, sein Bruder Hermann die Nummer 4054. Zunächst waren beide gemeinsam mit mehreren anderen württembergischen Häftlingen der „Aktion Arbeitsscheu Reich“ im Block 27 untergebracht. Hermann Baumgartner starb am 29. Dezember 1938 im Häftlingsrevier von Buchenwald, angeblich an einem „Lungenödem“. Bernhard Baumgartner wurde innerhalb Buchenwalds in den Block 13 verlegt und musste im Arbeitskommando „SS-Unterkunft“ arbeiten. Ein von seiner Mutter eingereichtes und vom Burgberger Bürgermeister befürwortetes Entlassungsgesuch blieb ohne Erfolg.
Am 22. Mai 1941 wurde Bernhard Baumgartner in das Konzentrationslager Mauthausen und von dort aus weiter in das Außenlager Gusen transportiert, in dem er die Häftlingsnummer 12498 erhielt. Er starb dort am 5. Dezember 1941 – an seinem 38. Geburtstag – angeblich an einer „chron[ischen] Nierenentzündung“.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt auf den letzten Wohnort vor der Verhaftung in Burgberg (Giengen an der Brenz), Wasserstraße 225.

 

Quellen und Literatur
Archives Memorial Mauthausen, 1/1/6: Totenbuch Gusen.

Hauptstaatsarchiv Weimar, KZ u. Hafta. Buchenwald 4 Bd. 2, Einlieferungsbuch 21.5.1938-10.11.1938.

International Tracing Service, Digitales Archiv, 1.1.5.3.: Doc. No. 5493999, 5494000, 5494013, 5494014; 1.1.26.3: Dok. No. 1349032, 1349031.

Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 350 I, 27843: Wiedergutmachungsakte Bernhard Baumgartner.

Stadtarchiv Giengen a. d. Brenz, 1525: Maßnahmen gegen asoziale Personen, Teilakten zu Bernhard Baumgartner; Einwohnermeldekartei Burgberg, Karteikarte Jakob Baumgartner, geb. 15.11.1879.

Kolata, Jens: Die Aktion ,Arbeitsscheu Reich’ in Württemberg und Hohenzollern. Eine Verhaftungsaktion der Gestapo in regionaler Perspektive, in: Becker, Kai Michael/Bock, Dennis/Illig, Henrike (Hrsg.): Orte und Akteure im System der NS-Zwangslager. Ergebnisse des 18. Workshops zur Geschichte und Gedächtnisgeschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Berlin 2015, S. 118-141.

© Text und Recherche:
Jens Kolata Offenbach am Main, November 2023
www.kz-mauthausen.de