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Politische Häftlinge (228 Häftlinge)

Bisher (Stand: Oktober 2023) konnten wir 228 Häftlinge des KZ Mauthausen identifizieren, die aus dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg kamen und die als "politisch" einzustufen sind. Bei dieser Einstufung folgen wir - der damit verbundenen Problematik bewusst - der Klassifizierung der Häftlinge durch die Politische Abteilung des Konzentrationslagers. Als "politisch" gelten hier daher alle als "Schutzhäftlinge" (Kategorie "Schutz") bezeichneten Häftlinge mit Ausnahme derjenigen Schutzhäftlinge, die explizit einer anderen eigenen Kategorie (z.B. Zeugen Jehovas, Homosexuelle) zugewiesen wurden. Als "Schutzhäftlinge" wurden in aller Regel diejenigen Häftlinge bezeichnet, die von der politischen Polizei des Nationalsozialismus - der Gestapo also - ins KZ eingewiesen wurden. Damit ist die Gruppe der politischen Häftlinge im Wesentlichen durch die polizeiliche Verfolgungspraxis definiert. Von eigenen subjektiven Bewertungen sehen wir ebenso ab wie beispielsweise von den späteren Einstufungen von Wiedergutmachungsbehörden, die den Betroffenen nicht selten politische Handlungsmotive absprachen oder das Vorliegen politischer Verfolgungsgründe verneinten.

Nur ein Teil der politischen Häftlinge wurde von der Gestapo direkt in das Konzentrationslager Mauthausen eingewiesen. Die Mehrzahl kam über andere Stationen - meist das KZ Dachau - nach Mauthausen (eine genauere statistische Auswertung der Wege dieser Häftlinge ist geplant).

Eine hinsichtlich der Verfolgungsumstände klar abgrenzbare Untergruppe der politischen Häftlinge bildeten die sogenannten "Gewitter"-Häftlinge.

 

„Gewitter“-Häftlinge (Anzahl: 46)

46 „Gewitter“-Häftlinge aus dem Gebiet des heutigen-Baden-Württemberg im KZ Mauthausen

Bei der Aktion „Gewitter“ (auch "Aktion Gitter" und "Aktion Himmler" genannt) handelte es sich um eine Verhaftungsaktion der Gestapo, bei der am 22. und 23. August 1944 ehemalige Funktionäre und Mandatsträger einiger Parteien der Weimarer Republik verhaftet wurden. Die parallel ebenfalls verwendete Bezeichnung Aktion „Gitter“ geht vermutlich auf einen Übermittlungs- oder Schreibfehler zurück und ist bedeutungsgleich mit Aktion „Gewitter“. Da die Aktion bald auf den gescheiterten Umsturzversuch des 20. Juli 1944 folgte, wird oft ein Zusammenhang mit diesem Ereignis angenommen. Mit der Fahndung nach den Verschwörern des 20. Juli hatte die Aktion jedoch nichts zu tun. Sie ist eher im Zusammenhang mit der nach dem 20. Juli erfolgten Radikalisierung des NS-Regimes zu sehen. Jeder politische Widerstand sollte im Keim erstickt werden. Im einschlägigen zentralen Erlass wurde die Aktion denn auch als „Präventivmaßnahme“ deklariert.

Am 17. August 1944 erging per Fernschreiben des Gestapo-Chefs Heinrich Müller im Reichssicherheitshauptamt – RSHA IV A 1 a – der geheime Befehl an die regionalen Gestapo-Dienststellen, „alle früheren Reichs- und Landtagsabgeordneten sowie Stadtverordneten der KPD und SPD im Reich festzunehmen. Gleichgültig ist, ob diesen im Augenblick etwas nachzuweisen ist oder nicht“. Auch ehemalige Partei- und Gewerkschaftssekretäre der SPD waren mit einzubeziehen. Die Festnahmeaktion sollte schlagartig in den frühen Morgenstunden des 22. August beginnen und die Betroffenen umgehend in das nächstgelegene Konzentrationslager der Stufe I („Für alle wenig belasteten und unbedingt besserungsfähigen Schutzhäftlinge“) eingewiesen werden. Von der Aktion auszunehmen waren Gestapo-Spitzel und „hervorragend bewährte“ NSDAP-Mitglieder sowie Schwerkranke und Personen über 70 Jahre. In einem zweiten diesbezüglichen Befehl wurde am 21. August auch die Verhaftung aller Zentrums-Mandatsträger angeordnet. Letzterer Befehl (Erlass) an die Gestapo-Dienststellen ging unter anderem an die Stapoleitstelle Stuttgart, war jedoch – aus unbekannten Gründen – nicht an die Stapoleitstelle Karlsruhe adressiert.

Die Aktion „Gewitter“ ist bis heute wenig bekannt und auch nur fragmentarisch erforscht. Einer alten Schätzung von 1959 zufolge soll diese Aktion reichsweit rund 5.000 Personen betroffen haben. Entgegen dem Befehlswortlaut wurden nicht alle „Gewitter“-Häftlinge in ein KZ eingewiesen, manche kamen auch in andere Haftanstalten. Im bayrischen KZ Dachau, das auch württembergisches Regeleinweisungslager war, sollen nach Angabe der dortigen Gedenkstätte 860 Verhaftete eingeliefert worden sein; für das KZ Natzweiler im Elsass, das badisches Einweisungslager war, liegen keine Zahlen vor. Die Aktion „Gewitter“ verlief in Baden und in Württemberg sehr unterschiedlich und hatte für die Betroffenen daher auch unterschiedliche Konsequenzen. So wurde ein Teil der badischen Häftlinge in das KZ Mauthausen überstellt. Sie waren damit ungleich härteren Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt als die württembergischen "Gewitter"-Verhafteten, von denen kein einziger in dieses KZ-Lager kam.

 

Die Aktion „Gewitter“ in Württemberg und Hohenzollern

Die für Württemberg und Hohenzollern zuständige Stapoleitstelle Stuttgart überprüfte im Zusammenhang mit der Aktion „Gewitter“ eine Liste mit 400 Namen. Etwa 200 Personen wurden daraufhin in Schutzhaft genommen. Für den dem Verhaftungstag folgenden 23. August 1944 weist das Zugangsbuch des KZ Dachau 38 aus Stuttgart eingewiesene Häftlinge auf. Bei diesen Häftlingen dürfte es sich fast ausschließlich um württembergische und hohenzollerische „Gewitter“-Häftlinge handeln. Alle von uns stichprobenhaft erfassten überlebenden Häftlinge dieser 38-köpfigen Gruppe wurden später direkt aus dem KZ Dachau entlassen beziehungsweise befreit, Überstellungen ins KZ Mauthausen sind uns keine bekannt. Ein Teil der „Gewitter“-Häftlinge der Stapoleitstelle Stuttgart kam in das Gestapo-Gefängnis in Welzheim. Auch in das der Stapoleitstelle Stuttgart unterstellte Arbeitserziehungslager Oberndorf-Aistaig kamen Betroffene, wie etwa der Zentrumspolitiker Josef Andre, der dort eine gewisse Vorzugsbehandlung erfuhr.

Bereits am 29. August 1944 erteilte die Stapoleitstelle Stuttgart die Anweisung, dass «kleine Funktionäre und Gemeinderatsmitglieder, die sich seit der Machtübernahme anständig verhalten haben, nicht eingesperrt werden». Am 15. September 1944 sprach sich der Leiter der Stapoleitstelle Stuttgart, Friedrich Mußgay,für großzügige Entlassungen der «Gewitter-Häftlinge» aus. Hintergund war, dass die Unterlagen zu den „Gewitter“-Häftlingen in der Stuttgarter Gestapo-Zentrale «Hotel Silber» durch Kriegseinwirkung vernichtet worden waren.


Badische „Gewitter“-Häftlinge

Sämtliche Gewitter-Häftlinge aus Baden, die ins Konzentrationslager kamen, wurden von der Gestapo - Stapoleitstelle Karlsruhe – zunächst in das KZ Natzweiler eingewiesen.

Die folgenden Angaben beziehen sich auf die Gruppe der 46 (badischen) „Gewitter“-Häftlinge, die in das KZ Mauthausen kamen. Wir gehen davon aus, dass wir mit diesem Sample sämtliche „Gewitter“-Häftlinge, die den beiden Kriterien – Herkunft aus dem heutigen Baden-Württemberg und Inhaftierung im KZ Mauthausen – entsprechen, erfassen konnten. Zu jedem dieser Häftlingen liegen auf dieser Homepage biographische Angaben vor.

Herkunftsorte

Diese „Gewitter"-Häftlinge  kamen aus verschiedenen Orten Mittel- und Südbadens. Schwerpunkte bildeten die Orte Singen (Hohentwiel) mit sieben, St. Georgen im Schwarzwald mit fünf und Stockach mit vier Häftlingen. Personen aus dem nordbadischen Raum Karlsruhe – Mannheim – Pforzheim waren in dieser Gruppe keine vertreten.

Parteizugehörigkeit

Bei den „Gewitter“-Häftlingen handelte es sich durchweg um politische Häftlinge. Von den von uns betrachteten 46 „Gewitter“-Häftlingen lassen sich 22 der Sozialdemokratie (SPD) beziehungsweise in einem Einzelfall (Julius Müller) einer SPD-nahen Gewerkschaft und 20 der Kommunistischen Partei (KPD) zuordnen. Für 4 Häftlinge stehen keine Angaben zur Verfügung. Ein Hinweis auf eine Zugehörigkeit zur Zentrumpartei findet sich bei keinem der Betroffenen.

Altersstruktur

Die im zentralen Gestapo-Erlass vom 17. August 1944 vorgegebene obere Altersgrenze wurde bei den „Gewitter“-Häftlingen unseres Samples eingehalten. Ältester Häftling war  Josef Steinmayer, der bei seiner Festnahme im August 1944 69 Jahre alt war. Jüngster Häftling war der bei seiner Verhaftung 39 Jahre alte Erich Stockburger. Der Altersdurchschnitt der 46 „Gewitter“-Häftlinge betrug zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung am 22. August 1944 54,5 Jahre, was für Mauthausen-Häftlinge ein auffallend hohes Lebensalter darstellte.


KZ-Haft

Alle „Gewitter“-Häftlinge unseres Samples kamen zuerst in das Konzentrationslager Natzweiler im Elsass, wo ihnen Nummern zwischen 23140 (Heinrich Focken) und 23386 (Hermann Währer) zugeteilt wurden. Die Nummernvergabe folgte dabei in der Regel  der alphabetischen Reihenfolge ihrer Familiennamen. Beim Eintritt ins KZ wurde den Häftlingen ihre bewegliche Habe weggenommen. Der Aufenthalt der „Gewitter“-Häftlinge im KZ Natzweiler währte 12 Tage.

Angesichts des Vorrückens der Alliierten in Frankreich erhielt der Natzweiler-Lagerkommandant am 1. September 1944 den Räumungsbefehl für das Hauptlager Natzweiler-Struthof. Die Verlegung von insgesamt 5.518 Häftlingen aus dem KZ Natzweiler in das KZ Dachau erfolgte verteilt auf drei große Transporte. Die „Gewitter“-Häftlinge waren für den zweiten Transport, der 1.990 Häftlinge umfasste, eingeteilt. Eine lange Schlange von Häftlingen marschierte am 4. September zu dem einige Kilometer vom Lager entfernten Bahnhof Rothau, von wo der Reichsbahnzug losfuhr. Der Zug mit den „Gewitter“-Häftlingen traf nach einem durch einen Luftalarm erzwungenen Zwischenaufenthalt in Tübingen am übernächsten Tag im KZ Dachau ein. Die Häftlinge dieses Transports wurden dort am 7. September als Zugänge mit den Nummern 100.647 bis 102.636 eingeschrieben. Die Häftlinge unseres Samples erhielten Dachaunummern zwischen 101.420 (Gustav Weissenberger) und 102.121 (Fritz Heinkel).

Zumindest einige, wenn nicht sogar alle der aus dem KZ Natzweiler übernommenen „Gewitter“-Häftlinge wurden in Dachau für den KZ-Außenlagerkomplex München-Allach eingeteilt, wo für den Flugmotorenbau bei BMW gearbeitet wurde. Vermutlich die Mehrzahl der von Natzweiler nach Dachau transferierten badischen „Gewitter“-Häftlinge blieb, sofern sie nicht in der Haft verstarben, bis zu ihrer Entlassung oder bis zur Befreiung im KZ Dachau. Ein kleinerer Teil – die Häftlinge unseres Samples – wurde bereits nach einem Aufenthalt von sieben Tagen im KZ-Komplex Dachau in das KZ Mauthausen überstellt. Die Gründe für diese Maßnahme, die eine eindeutige Haftverschärfung bedeutete, sind aus den uns zur Verfügung stehenden Quellen nicht ersichtlich. Möglicherweise sollte eine durch zahlreiche Neuzugänge entstehende Überbelegung des KZ Dachau abgebaut werden, wie beispielsweise der Betroffene Wilhelm Heinzmann annahm. Die Verlegung nach Mauthausen stand jedenfalls ganz offensichtlich im Widerspruch zum Sinn und Wortlaut des zentralen „Gewitter“-Erlasses vom 17. August 1944, in welchem Gestapo-Chef Heinrich Müller ausdrücklich angeordnet hatte, die „Gewitter“-Häftlinge in einem KZ der „Stufe I“ unterzubringen. Von einer höheren Lagerstufe, gar einem Lager der Stufe III (für „schwerbelastete“ und „kaum noch erreichbare Schutzhäftlinge“) wie Mauthausen, war in dem Erlass nirgends die Rede.

Die Überstellung in das KZ Mauthausen stellte nicht nur formal eine gravierende Hafterschwernis dar, sondern wurde von den Betroffenen unmittelbar und konkret als solche erlebt, wie aus einigen ihrer späteren Zeugnisse hervorgeht. Klemens Schorpp: „Am schlimmsten war die Behandlung im K.Z. Mauthausen. Ich war derartig erschöpft, dass ich in den ersten 4 Wochen keine Arbeit verrichten konnte."

Der Transport mit den „Gewitter“-Häftlingen unseres Samples verließ Dachau am 14. September und kam am 16. September 1944 im KZ Mauthausen an. Laut einer vier Tage später erstellten Liste umfasste dieser Transport insgesamt 2.000 Häftlinge. Diese erhielten im KZ Mauthausen neue Häftlingsnummern. Die Nummern der 46 Häftlinge unseres Samples liegen zwischen Nummer 98045 (Konrad Fluck) und Nummer 99592 (Josef Steinmayer). Die Nummern wurden, ähnlich wie bereits im KZ Natzweiler, bis auf vier Ausnahmen entsprechend der alphabetischen Reihenfolg des Familiennamens der Neuankömmlinge vergeben.

Verweildauer im KZ-Komplex Mauthausen

Die meisten der 46 Häftlinge unseres „Gewitter“-Samples wurden aus dem KZ Mauthausen nach einiger Zeit entlassen. Dies geschah nach und nach in kleineren Schüben. Die erste Entlassung mit Walter Klook, Wilhelm Rommel und Franz Roth erfolgte am 6. Oktober 1944. Diese drei Häftlinge hatten sich 20 Tage im KZ Mauthausen aufgehalten. Zur letzten Entlassung durch die KZ-Kommandatur kam es am 23. November 1944. An diesem Tag kamen Heinrich Focken, Adam Heinrich und Celestin Popp) frei. Die zur Entlassung bestimmten Häftlinge mussten eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, sich künftig jeder staatsfeindlichen Tätigkeit zu enthalten, und erhielten polizeiliche Meldeauflagen. Einige (Emil Lurker, Karl Gaß und Gustav Weissenberger) mussten bis zur Befreiung durch die Alliierten im Mai 1945 im Konzentrationslager ausharren. Der Aufenthalt der überlebenden Häftlinge unseres „Gewitter“-Samples im KZ-Komplex Mauthausen währte zwischen 20 und 233 Tagen.

Die Entlassungen und die damit verbundene relativ kurze Verweildauer im KZ Mauthausen scheinen auf gewisse Rücksichtnahmen im Umgang mit den „Gewitter“-Häftlingen hinzudeuten. Da es sich um Persönlichkeiten aus der Politik handelte, die lokal und oft darüber hinaus einigen Bekanntheitsgrad genossen, dürfte die im Vergleich zu anderen Häftlingsgruppen relative Zurückhaltung (zumindest die Haftdauer betreffend – für einen validen Vergleich der Haftbedingungen ist die Quellenlage unzureichend) nicht zuletzt mit Rücksicht auf die öffentliche Meinung und Stimmungslage an der Heimatfront geübt worden sein. Entsprechend der im zentralen „Gewitter“-Erlass festgelegten Zielgruppe waren viele vor der NS-Zeit kommunalpolitisch aktiv, zwei von ihnen, Wilhelm Stump und Karl Großhans, waren Mitglieder des badischen Landtags gewesen.

In der Bewertung der partiellen Zurückhaltung der Lager-SS beziehungsweise der weisungsbefugten Gestapo gegenüber dieser Häftlingsgruppe sollte nicht ausgeblendet werden, dass auch die „Gewitter“-Häftlinge im Konzentrationslager über ihr künftiges Schicksal im Unklaren waren und permanent um ihr Leben bangen mussten. Furcht und Schrecken unter tatsächlichen und potentiellen Regimegegnern in der Kriegsendphase zu verbreiten war von der Reichsführung gewollt.

Sieben der 46 von uns erfassten „Gewitter“-Häftlinge haben Mauthausen nicht überlebt. Unter Berücksichtigung der vergleichsweise kurzen KZ-Aufenthaltsdauer stellt dies eine auffallend hohe Sterblichkeitsrate dar. Es starben im KZ Mauthausen in zeitlicher Folge:

25.09.1944 Heinrich Weber
04.10.1944 Otto Schneider
23.10.1944 Heinrich Haas
03.11.1944 Fritz Groß
09.09.1944 Karl Maier
08.01.1945 Eugen Reinert
17.03.1945 Hermann Währer

Die Genannten starben im Alter zwischen 45 (Karl Maier) und 64 Jahren (Fritz Groß). Das durchschnittliche Sterbealter dieser sieben „Gewitter“-Häftlinge betrug 55,3 Jahre. Möglicherweise ist zwischen dem fortgeschrittenen Lebensalter der „Gewitter“-Häftlinge und ihrer relativ hohen Mortalität ein Zusammenhang zu sehen. An einige der Verstorbenen wurde nach der Befreiung in ihrer Heimat durch Gedenktafeln, -steine oder Straßenbenennungen gedacht.

Etliche der überlebenden „Gewitter“-Häftlinge betätigten sich unmittelbar nach dem Krieg wieder kommunalpolitisch. So waren beispielsweise Georg Herter, Heinrich Focken und Franz Roth in ihren Heimatgemeinden als Nachkriegsbürgermeister eingesetzt. Einzelnen wurde auch eine Ehrenbürgerschaft und das Bundesverdienstkreuz verliehen. Die Gestapoaktion „Gewitter“ selbst fiel jedoch, sofern sie vor dem Hintergrund der dramatischen Kriegsereignisse überhaupt breiter ins öffentliche Bewusstsein gedrungen war, in der Zeit des Wiederaufbaus fast ganz dem Vergessen anheim.

Wiedergutmachung

Die "Gewitter"-Häftlinge waren wiedergutmachungsberechtigt, da ihre Verfolgung zweifelsfrei aufgrund ihres politischen und antifaschistischen Engagements erfolgte. Jedoch fielen die Entschädigungszahlungen für die erlittene KZ-Haft sehr gering aus, da die Haftzeiten relativ kurz waren. Als problematisch und umstritten erwies sich, wie bei anderen Wiedergutmachungberechtigten auch, die Anerkennung und Bemessung von Gesundheitsschäden und den sogenannten Schäden im beruflichen Fortkommen. Die in vielen Fällen in der NS-Zeit ausgesprochenen politischen Strafurteile gegen die Betreffenden wurden im Nachhinein aufgehoben.

Anhang:

Liste der "Gewitter"-Häftlinge

 

Literatur

 

Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier (Hg.): Die geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern. Stuttgart, 3. Aufl. 2018, S. 115f., 247.

Arno Huth: Das doppelte Endes des „K.L. Natzweiler“ auf beiden Seiten des Rheins. Neckarelz 2013.

Michael Kißener: Die Aktion "Gewitter". In: Manuel Becker, Christoph Studt (Hg.): Der Umgang des Dritten Reiches mit den Feinden des Regimes. Berlin 2010, S. 185-197.

Detlef Korte: "Aktion Gewitter" in Schleswig Holstein, in: Demokratische Geschichte. Jahrbuch zur Arbeiterbewegung und Demokratie in Schleswig-Holstein III, Kiel 1988, S. 521 - 526.

Winfried Meyer: Aktion "Gewitter". Dachauer Hefte 21, 2005.

Wikipedia: Aktion Gitter

 

© Text und Recherche:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: Dezember 2023
www.kz-mauthausen-bw.de