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Florian Gnann (1897 - 1943)

Kriegsdienstverweigerer bis zur letzten Konsequenz

07.09.1939 Zuchthaus Ludwigsburg
24.04.1943 Tod im KZ Gusen


Florian Gnann wurde am 3. November 1887 in Warthausen (Kreis Biberach) geboren. Er hatte vier Schwestern. Nach sieben Jahren Volksschule machte er eine 4-jährige Lehre zum Flaschner bei der Firma Statz & Schlee in Biberach. Im Ersten Weltkrieg war er von März 1916 bis Januar 1919 Soldat und wurde als MG-Schütze mit der silbernen württembergischen Verdienstmedaille ausgezeichnet.

Am 23. Oktober 1926 heiratete er Luise geb. Ochsenwadel. Von 1930 bis 1935 lebte Florian Gnann in der Schweiz. Dort besuchte er auch Versammlungen der Zeugen Jehovas und trat schließlich der Glaubensgemeinschaft bei.

Am 27. August 1939 wurde er, trotz seines fortgeschrittenen Alters, zum Militär eingezogen.1 Gemäß seiner religiösen Überzeugung verweigerte er sowohl den Fahneneid als auch den Dienst an der Waffe. Wegen Kriegsdienstverweigerung und Wehrkraftzersetzung verurteilte ihn ein Feldkriegsgericht am 2. September 1939 deshalb zu drei Jahren Zuchthaus. Vom Gericht wurde ihm mildernd religiöse Wirrköpfigkeit attestiert und ihm zugute gehalten, dass er nicht aus Feigheit den Dienst verweigere, keinen Umgang mit Gleichgesinnten habe und auch niemand von seiner Haltung überzeugen wolle. Es handele sich um einen minderschweren Fall. Allerdings: "Das Kriegsgericht empfiehlt, den Angeklagten baldmöglichst an die Front zu bringen."

Image
Gnann, Florian, BF
Florian Gnann, erkennungsdienstliches Foto aus der Zuchthauspersonalakte, StAL E 356 d V Bü 2593

Nach fünf Tagen in der Standortarrestanstalt in Ludwigsburg kam Florian Gnann am 7. September ins Zuchthaus Ludwigsburg. Einen knappen Monat später wurde er auf Veranlassung des Stuttgarter Generalstaatsanwalts in das Gefangenenlager VII Esterwegen/Ems, eines der berüchtigten Moorlager, überführt. 1941 kam er von dort nach Ludwigsburg zurück. Vom Zuchthaus wurde er als "unbelehrbarer Bibelforscher" beurteilt, aber: "Eindruck sonst nicht ungünstig".

Mitte Juni 1942 fragte Gnanns früherer Arbeitgeber (Wilhelm Weber, Firma Auto-Kühler) bei den Justizbehörden nach, was er tun könne, damit Gnann als "erstklassiger Arbeiter" bald wieder bei ihm arbeiten könne. Eine Woche später wurde Weber von einem Oberregierungsrat beschieden:
"Der Zuchthausgefangene Gnann steht heute noch auf dem Standpunkt, dass er den Fahneneid verweigern müsse. Unter diesen Umständen ist an eine Entlassung des Gnann nicht zu denken."

Am 16. Juni 1942 teilte das Zuchthaus Ludwigsburg dem Oberstaatsanwalt mit, dass Gnanns Strafe am 6. September 1942 ablaufe. Am 26. August wies die Stapoleitstelle Stuttgart die Zuchthausleitung an, Gnann nach Strafende zur Prüfung der Schutzhaftfrage ins Polizeigefängnis II in Stuttgart zu verbringen.

Florian Gnann kam ins Konzentrationslager Mauthausen und später ins KZ Gusen, wo er am 24. April 1943 starb.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt den Geburtsort von Florian Gnann, 88447 Warthausen im Landkreis Biberach.


Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives:
Archivnr.: 7302, 0.1 / 22208387, 0.1 / 22208384

Memorial Mauthausen (https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/)

Staatsarchiv Ludwigsburg:
E 356 d V Bü 2593


© Text und Recherche:
Sigrid Brüggemann, Stuttgart
Stand: Juli 2021
www.kz-mauthausen-bw.de

 

1 Tatsächlich wurden im August 1939 etliche über 40-jährige Männer zum Kriegsdienst einberufen, die im Kriegsverlauf auch an den Fronten eingesetzt wurden.