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Heinrich van der Laan (1906 - 1992)

„Zersetzung der Wehrkraft“

09.09.1941 Verhaftung, Untersuchungsgefängnis Mannheim
12.11.1941 Gefängnis Bruchsal
03.07.1943 KZ Mauthausen
05.05.1945 befreit im KZ Mauthausen

Der am 5. Juli 1906 in Mannheim geborene Karl Heinrich van der Laan war von Beruf Eisendreher. Seit 1925 war er Mitglied im Rotfrontkämpferbund (RFB), einer paramilitärischen kommunistischen Organisation, und seit 1930 gehörte er der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an. Am Tag nach dem Reichtagsbrand vom 28. Februar 1933 wurde auf einem Abziehapparat in seiner Mannheimer Wohnung in F 5 Nr.14 das Massenflugblatt der KPD-Bezirksleitung „Der Reichstag brennt“ hergestellt. Da er 1932 an einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit Anhängern der NSDAP beteiligt gewesen war, wurde er nach der NS-Machtübernahme zusammen mit weiteren Genossen vom Sondergericht Mannheim wegen politischer Ausschreitungen, Landfriedensbruch, Raub und Körperverletzung angeklagt.

Heinrich van der Laan war konfessionsfrei ("Dissident"), verheiratet, hatte vier Kinder und wohnte im Schlehenweg 2 in der Mannheimer Gartenstadt. Als seine Staatsangehörigkeit findet sich neben "deutsch" auch die Angabe "staatenlos". Als er im Jahre 1936 bei dem Mannheimer Messgerätehersteller Bopp&Reuther eine Arbeitsstelle erhalten hatte, wurde er von seiner Partei mit der Leitung einer sechsköpfigen illegalen Betriebszelle betraut. Weil er im Betrieb die Meinung geäußert hatte, Hitlerdeutschland könne den Krieg gegen die Sowjetunion nicht gewinnen, wurde er am 9. September 1941 verhaftet und in Mannheim in Untersuchungshaft genommen. Erneut musste er sich vor dem Sondergericht Mannheim verantworten. Diesmal wegen des Vorwurfs der Wehrkraftzersetzung. Er wurde wegen eines Verbrechens nach § 5 Abs. 1 der Kriegssonderstrafrechtsverordnung vom 17. August 1938 zu 1 Jahr 9 Monaten Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 2 Jahren verurteilt. Die Strafe verbüßte er ab 12. November 1941 in der Haftanstalt Bruchsal.

Als er seine Justiz-Haftstrafe abgesessen hatte, wurde er am 3. Juli 1943 von der Mannheimer Gestapo in das Konzentrationslager Mauthausen eingewiesen. Hier war er politischer "staatenloser Schutzhäftling" Nummer 32328. Zum Arbeitseinsatz kam er am 21. September 1943 in das damals für die Heinkel-Flugzeugfertigung neu errichtete Außenlager Wien-Schwechat und später in das am 21. April 1944 eröffnete Mauthausen-Außenlager Melk, wo für die Untertage-Rüstungsproduktion der Steyr Daimler Puch AG Stollen in den Berg getrieben wurden. Einer nach dem Krieg erstellten Liste zufolge scheint er auch zeitweilig im KZ Sachsenhausen inhaftiert gewesen zu sein. Am 5. Mai 1945 wurde er im Konzentrationslager Mauthausen vom US-Militär befreit.

Image
Laan
Heinrich van der Laan auf dem Mannheimer Hauptfriedhof mit VVN-Fahne (undatiert). Foto: Fritz Reidenbach, https://www.marchivum.de/de/blog/ns-zeit-26

Nach Kriegsende wohnte er in der Kirchenstraße 10 in Mannheim und beantragte Wiedergutmachung für die erlittene NS-Verfolgung. 1953 erhielt das für Nordbaden zuständige Landesamt für die Wiedergutmachung Karlsruhe vom Internationalen Suchdienst (ITS) in Arolsen eine Inhaftierungsbescheinigung und weitere Informationen zur Verfolgung van der Laans. Heinrich van der Laan engagierte sich über lange Jahre für die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) und deren Forderungen. Er ist am 5. Oktober 1992 in Mannheim verstorben.

Die Markierung auf der Übersichtskarte verweist auf Heinrich van der Laans Wohnadresse zur Zeit seiner Verhaftung im Jahr 1941: Schlehenweg 2 in Mannheim.


Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.38.1 Listenmaterial Sachsenhausen / Listen ehemaliger politischer Gefangener des KL Sachsenhausen
1.1.26.3 Individuelle Häftlings Unterlagen - KL Mauthausen - Heinrich van der Laan
6.3.3.2  Korrespondenzakte T/D - 296 975

Generallandesarchiv Karlsruhe
276 Nr. 2994 Amtsgericht Mannheim, politische Ausschreitungen
507 Nr. 4005-4007 Sondergericht Mannheim, Wehrkraftzersetzung

Fritz Salm: Im Schatten des Henkers. Widerstand in Mannheim gegen Faschismus und Krieg. Frankfurt am Main, 2. Aufl. 1979.

https://www.marchivum.de/de/blog/ns-zeit-26


©Text und Recherche:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: August 2022
www.kz-mauthausen-bw.de