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Josef Dorn

geb. 1912

Grenzüberschreitende Kontakte zur Kommunistischen Partei der Schweiz

 

September 1933 bis 20.05.1934 Schutzhaft
12.05.1937 erneute Verhaftung, Gestapogefängnis Welzheim
15.11.1937 KZ Dachau
28.09.1939 KZ Buchenwald
13.11.1942 KZ Sachsenhausen
25.05.1943 bis 05.05.1945 KZ Mauthausen

Josef Dorn wurde am 29. Juni 1912 in Meckenbeuren im heutigen Bodenseekreis geboren. Seine Mutter war Barbara Bildstein, sein Vater wird in den vorliegenden Dokumenten nicht genannt. Getauft wurde er römisch-katholisch, später ist er aus der Kirche ausgetreten. 1918 bis 1926 besuchte er die Volksschule in Friedrichshafen. Danach arbeitete er als Gipser und Fliesenleger.

In den Jahren 1932 bis 1933 war er Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), weswegen er nach der nationalsozialistischen Machtübernahme verhaftet wurde. Interniert war er nach eigenen Angaben seit September 1933 in Münsingen – wahrscheinlich ist damit das Schutzhaftlager auf dem Heuberg bei Stetten am kalten Markt gemeint. Anschließend wurde er in das Schutzhaftlager auf dem oberen Kuhberg in Ulm verlegt. Später über dieses Lager befragt, gab Dorn an, die Häftlinge hätten im Straßenbau, im Steinbruch, in der Pflanzenschule (Waldarbeit) und im Schirrhof in Ulm (Reparaturwerkstätte der Wehrmacht) arbeiten müssen. Das Lager hätte eine Gesamtstärke von rund 300 Mann gehabt und sei von SA und SS gesichert und bewacht worden. Die Häftlinge hätten zunächst Zivilkleidung und später alte Polizeiuniformen getragen. Er selbst wurde zu Pfingsten 1934 aus dem Lager entlassen.

Joseph Dorn lebte nach seiner Freilassung mit seiner Ehefrau Frida, geborene Schweizer, in Isny. 1935 kam ein Sohn zur Welt, doch wurde die Ehe noch im selben Jahr wegen "Ehebruchs" des Mannes und wegen vom Anwalt der Ehefrau behaupteter "verschiedener Straftaten" geschieden. Ob es sich überhaupt um Straftaten handelte, und wenn ja um welche, ist nicht erkennbar. Nach einem Eintrag in seiner KZ-Häftlingspersonalkarte hatte Dorn (Stand: 1943) zwei Kinder.

Josef Dorn wohnte nach der Trennung von seiner Ehefrau wieder bei seiner Mutter in der Olgastraße 61 b (vermutlich identisch mit heutiger Nummer 61/2) in Friedrichshafen. Am 12. Mai 1937 wurde er in Friedrichshafen verhaftet. Nach seinen späteren eigenen Angaben wurde er verfolgt, weil er Beziehungen zur damals noch legalen Kommunistischen Partei der Schweiz (KPS; die Partei wurde 1940 vom Schweizer Bundesrat verboten) unterhalten hatte. Die Tatsache, dass die für politische Fälle zuständige Gestapo eingriff, lässt diese Darstellung plausibel erscheinen. Allerdings sind Einzelheiten weder zum Tatbestand noch zu den staatspolizeilichen Ermittlungen bekannt. Zu einer strafrechtlichen Verurteilung scheint es nicht gekommen zu sein, einschlägige Unterlagen liegen jedenfalls nicht vor. Da Dorn sich in der Zeitspanne von seiner Verhaftung bis zu seiner Einlieferung in das Konzentrationslager Dachau am 15. November 1937 ganz oder doch längere Zeit in Gewahrsam der Stapoleitstelle Stuttgart, zuletzt im Gestapogefängnis Welzheim, befand, kann eine längere Untersuchungs- oder Strafhaft in dieser Phase nicht vollzogen worden sein.

Dorn war in Dachau Häftling Nummer 13021, Kategorie "Sch. 2xKl" (Schutzhäftling zwei mal im Konzentrationslager), beziehungsweise "rückf" (rückfällig), er galt als "Politisch" und trug den Roten Winkel. Wegen der zeitweiligen Umnutzung des KZ Dachau für SS-Ausbildungszwecke wurde das Lager geräumt und Dorn kam am 26. September 1939 mit zahlreichen weiteren Dachauer Häftlingen auf Transport in das KZ Buchenwald bei Weimar, wo er nach zwei Tagen eintraf, die Häftlingsnummer 2110 und den Block 40 zugeteilt bekam. Eigentlich war für Dachauer "rückfällige" Häftlinge das KZ Mauthausen vorgesehen. Vermutlich deshalb wurde Dorn, um die Wahl des für ihn bestimmten Konzentrationslagers der Erlasslage anzupassen, am 15. März 1940 in Buchenwald umkategorisiert vom "rückf." zum "einfachen politischen Häftling". Er kam auch nicht nach Dachau zurück, als dort der KZ-Betrieb wieder aufgenommen wurde. Dorn, der am 7. Oktober 1940 seinen Wehrpass abgeben musste, war in Buchenwald beim Arbeitskommando Truppengarage eingesetzt.

Bei der Kommandantur des KZ Buchenwald traf Mitte Oktober 1940 ein Schreiben des Anwalts der geschiedenen Ehefrau Dorns ein. Sie hatte sich erneut verheiratet und wünschte nun, dem gemeinsamen Sohn den Familiennamen ihres neuen Gatten zu geben. Der Anwalt bat die Kommandantur, "Dorn zu veranlassen", dem in einer beigefügten entsprechenden Erklärung zuzustimmen. Was Dorn prompt tat. Zum Unterhalt des Kindes hatte Dorn der Behauptung des Anwalts zufolge ohnehin nicht das geringste beigesteuert. Dorn dürften hierzu wenn nicht der Wille, so doch die finanziellen Mittel auch in der Zeit noch vor seiner Verhaftung gefehlt haben. Seine Vermögensverhältnisse müssen sehr bescheiden gewesen sein. Zum Inhalt seines aus Dachau nachgeschickten Effektenpakets merkte man in Buchenwald an: "1 Zieharmonika (vollkommen wertlos)" und: "bei Einlieferung waren im Anzug Motten".

Am 13. November 1942 wurde Dorn vom KZ Buchenwald in das nördlich von Berlin gelegene KZ Sachsenhausen überstellt (Häftling Nummer 52486). Und von dort kam er mit einem Transport mit einer unbekannten Zahl von norwegischen Häftlingen am 24./25. Mai 1943 in das Konzentrationslager Mauthausen (Schutzhäftling Nummer 29951 mit rotem Winkel). Er wurde dort in verschiedenen Außenlagern eingesetzt: Schwechat, Florisdorf-Wien und Mödling. Bis Ende September 1943 war er Blockältester im Sanitätslager im KZ Mauthausen, anschließend kam er als Sanitäter zum Außenlager Wien-Schwechat, wo Heinkel-Jagdflugzeuge produziert wurden. Nach der Befreiung erhielt er am 7. Mai 1945 eine Haftbescheinigung beim Polizeipräsidium Linz und konnte nach Friedrichshafen zurückkehren.

Bereits im Juni 1946 war er wieder als Gipser in Friedrichshafen tätig. Im Juli 1946 stellte man ihm in Tübingen einen Ausweis für Opfer des Nationalsozialismus, einen sogenannten "Ehrenpass" aus. Ende August 1946 ehelichte er die aus dem bayerischen Mörslingen stammende Ottilia Remmele, die zwei Kinder mit in die Ehe einbrachte. Die Familie wohnte in Fischbach-Friedrichshafen in einer neuen Dreizimmerwohnung in der Spaltensteiner Straße. Im Jahr 1947 bezog Dorn Unterstützung von der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA).

Auf einem Formular für Fürsorge und Unterhalt der Internationalen Flüchtlingsorganisation (IRO) beantwortete er im Dezember 1947 die Frage, ob er in Deutschland bleiben wolle mit "Nein", und die Frage, wo er angesiedelt werden wolle mit "Schweiz, Holland, Polen". Nähere Angaben über das weitere Leben Dorns wurden bisher von uns nicht recherchiert. Für das Jahr 1950 ist die Zuständigkeit der „Landesstelle für die Betreuung der Opfer des Nationalsozialismus“ in der Gartenstraße in Tübingen erkennbar. Aus Dokumenten des Internationalen Suchdienstes (ITS) geht hervor, dass sich 1958 die Staatsanwaltschaft und 1965 die Oberstaatsanwaltschaft Köln mit der nationalsozialistischen Verfolgung Dorns befassten.

Auf der Übersichtskarte ist Joseph Dorns Wohnadresse bei seiner Verhaftung im Jahr 1937 markiert: Olgastraße 61/2 in 88045 Friedrichshafen.


Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.26.3 Individuelle Unterlagen KL Mauthausen - Joseph Dorn
1.1.5.3 Individuelle Unterlagen KL Buchenwald - Joseph Dorn
3.2.1.1 CM/1 Akten aus Deutschland - Joseph Dorn
6.3.3.2 Korrespondenzakte T/D 921374

Dokumentationszentrum oberer Kuhberg (DZOK) Häftlingsdatenbank (online)


© Text und Recherche:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: August 2021
www.kz-mauthausen-bw.de