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Josef Steinmayer (1875 - 1951)

Badischer „Gewitter“-Häftling

23.08.1944 KZ Natzweiler
06.09.1944 KZ Dachau
16.09.1944 KZ Mauthausen
26.10.1944 Entlassung aus KZ Mauthausen

Josef Steinmayer1 wurde am 21. Dezember 1875 in Haigerloch, damals eine preußische Oberamtsstadt im Hohenzollerischen Lande, geboren. Er besuchte acht Jahre die Volksschule und ein Jahr die Fortbildungsschule. Von Beruf war er Zimmermann. Nachdem er zu Beginn des Zweiten Weltkrieges sein Zimmergeschäft aufgeben musste, war er in den Jahren 1939 bis 1945 als Arbeiter bei der Maschinenfabrik Fahr in Gottmadingen beschäftigt. Er war konfessionslos, verheiratet mit Luise Wisra und hatte vier Kinder (zwei davon waren, wie auch die Ehefrau, 1944 bereits verstorben). Er wohnte in Singen (Hohentwiel), Görrestraße 4.

Steinmayer war spätestens seit 1928 Mitglied der KPD und und Hauptkassierer der Parteiortsgruppe in Singen. Auch vertrat er seine Partei im Bürgerausschuss der Stadt. Nach dem KPD-Verbot 1933 verteilte er illegale Beitragsmarken an die Mitglieder und Funktionäre der Partei. Im Sommer 1933 kam er für über drei Monate in Schutzhaft in den Gefängnissen Radolfzell und Konstanz. Bei einer zugleich stattfindenden Haussuchung wurden in seiner Wohnung KPD-Beitragsmarken gefunden.

Am 22. August 1944 wurde er im Rahmen der nach dem Umsturzversuch des 20. Juli 1944 erfolgten reichsweiten Verhaftungsaktion „Aktion Gewitter“ (auch Aktion Gitter und Aktion Himmler genannt) an seinem Arbeitsplatz bei der Firma Fahr festgenommen. Die Gestapoaktion „Gewitter“ betraf ehemalige Funktionäre und Mandatsträger der Sozialdemokraten, Kommunisten und der Zentrumspartei sowie weiterer Parteien der Weimarer Republik. Am folgenden Tag wurde Steinmayer von der Gestapo – Stapoleitstelle Karlsruhe – in das Konzentrationslager Natzweiler im Elsass eingewiesen (Häftlingsnummer 23342). Als das Hauptlager Natzweiler wenig später angesichts der näherrückenden Front aufgelöst wurde, kam er per Sammeltransport am 6. September 1944 in das KZ Dachau (Häftlingsnummer 101976 „Sch.“ - Schutzhaft). Bereits am 14./16. September 1944 erfolgte jedoch, ebenfalls per Sammeltransport, die Überstellung in das Konzentrationslager Mauthausen (Häftlingsnummer 99592 „Polit“). Am 26. Oktober 1944 wurde er mit den üblichen Meldeauflagen aus dem KZ Mauthausen entlassen.

Image
Steinmayer, Josef
Entlassungsschein (Original) des KZ Mauthausen
vom 26.10.1944, StAF F 196/1 Nr. 2721

Am 6. November 1944 wandte er sich in einem bemerkenswerten Schreiben an das „SS-Arb.Lager Natzweiler, Abtlg. Effekten“ und bat um die Rückgabe seiner ihm bei der Einlieferung in das KZ Natzweiler abgenommen Kleidung, Wertsachen und Gelder. Er sei nun aus dem KZ Mauthausen entlassen worden:
„Meine Kleider und Wertbestände [sic] (RM 83,20) habe ich aber bis heute leider noch nicht erhalten. Die Kleider sollte ich haben, um überhaupt einmal meine Wohnung verlassen zu können. Das fehlende Geld brauche ich als Invalide sehr nötig zur Bestreitung meines familiären Lebensunterhalts.
Bitte sind Sie so freundlich und lassen Sie mir mein Eigentum recht bald zukommen.
Ich danke ihnen im Voraus!
Heil Hitler!“
gez. Josef Steinmayer

Seiner höflichen Bitte wurde – wie kaum anders zu erwarten – nicht entsprochen.

Steinmayer wurde als Opfer des Nationalsozialismus in Gruppe I anerkannt. Seit Oktober 1946 gewährte ihm die Badische Landesstelle für die Betreuung der Opfer des Nationalsozialismus, Zweigstelle Singen, eine Unterstützung von RM 78,50. Im April 1947 wurde der Betrag auf RM 84,50 erhöht. Für die Wiedergutmachung zuständig war dann die Außenstelle Freiburg des Landesamts für die Wiedergutmachung.  Josef Steinmayer starb am 9. Mai 1951 als Rentner in Singen. Alleinerbin seines Nachlasses, und damit auch seines Wiedergutmachungsanspruchs, war seine Tochter.

Am 18. Juni 1963 übermittelte der Internationale Suchdienst Arolsen (ITS) dem Oberstaatsanwalt in Köln eine Inhaftierungsbescheinigung für Josef Steinmayer.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Josef Steinmayers Wohnort Singen (Hohentwiel) im Landkreis Konstanz.

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1 Der Name „Steinmayer“ erscheint in den KZ-Unterlagen oftmals in Getrenntschreibung: Familienname „Stein“ und Vorname „Mayer“ bzw. „Majer“.


Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.29.2 Individuelle Unterlagen Natzweiler – Josef Steinmayer
1.1.26.3 Individuelle Unterlagen Männer Mauthausen – Stein, Majer
Korrespondenzakte T/D 770918

Staatsarchiv Freiburg    
D 180/2 Nr. 220952 (Spruchkammer)
F 196/1 Nr. 2721 (Wiedergutmachung)

 

    © Recherche und Text:
    Roland Maier, Stuttgart
    Stand: Oktober 2023
    www.kz-mauthausen-bw.de