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Karl Geiges (1909 - 1988)

Kommunistischer Aktivist, kommissarischer Bürgermeister von Rastatt

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Karl Geiges jun. Fotoquelle: privat Karl Geiges

1933 zweimal in Schutzhaft
15.02.1935 Bezirksgefängnis in Pforzheim
Februar 1936 Zuchthaus Ludwigsburg
11.01.1941 KZ Sachsenhausen
29.04.1943 KZ Dachau
02.06.1943 KZ Sachsenhausen
25.10.1944 KZ Mauthausen

Karl Wilhelm Geiges wurde am 30. Januar 1909 als Sohn des Schlossers Karl Johann Geiges und seiner Ehefrau Rosa geboren. Er erlernte den Optikerberuf und arbeitete bei den Leitzwerken in Rastatt. Er wurde, wie bereits sein Vater, Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und weiterer Arbeiterorganisationen. Die Familie Geiges wohnte in der Kanalstraße 8 in Rastatt.

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Murgtäler
Murgtäler Bote v. 30. Mai 1933. Von links nach rechts, flankiert von zwei namentlich nicht genannten SA-Leuten: Pius Uhrig,
Dietz, Levi, Karl Geiges, Markowitz, Heinrich Focken, I. Merklinger, K. Merklinger (das "badische" Lager befand sich zwar auf badischem Territorium, unterstand jedoch der Württembergischen Politischen Polizei)

Im März 1933 wurde Karl Geiges jun. für einige Tage, und erneut im Mai 1933 für einen Monat in Schutzhaft genommen. Nach der Haft war Geiges weiter für die KPD und den Widerstand gegen die NS-Herrschaft tätig. Mit seinem Paddelboot schmuggelte er wiederholt illegale Schriften aus dem Elsass über den Rhein nach Baden.

Zwischen Februar und Mai 1935 wurden zwölf mutmaßliche Mitglieder einer im Raum Rastatt, Baden-Baden und Murgtal agierenden KPD-Widerstandsgruppe festgenommen. Unter ihnen Karl Geiges, der am 25. Februar verhaftet wurde und im Bezirksgefängnis in Pforzheim in Untersuchungshaft kam. Die Anklage lautete auf Vorbereitung zum Hochverrat. Im Februar 1936 ergingen die Urteile gegen die zwölf Angeklagten.

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Geiges RSHA
Gestapo-Sonderkommando Sachsenhausen 18.09.1944 (Schriftwechsel des vom RSHA IV eingesetzten Sonderkommandos zur Bekämpfung "kommunistischer Umtriebe" im Lager, ITS Digital Archive, Arolsen Archives 1.1.38.1Dok. Nr. 4136936)

Es wurden Haftstrafen von zwei Jahren acht Monaten bis zu fünf Jahren verhängt. Geiges erhielt die in diesem Prozess verkündete Höchststrafe, die er im Zuchthaus Ludwigsburg absaß. Im Anschluss wies ihn die Gestapo Karlsruhe in das Konzentrationslager Sachsenhausen ein. Als mit rotem Winkel versehener Schutzhäftling Nummer 35061 arbeitete er dort in der Häftlingsküche als „Diätkoch“. Den Monat Mai 1943 verbrachte er als Häftling Nummer 47438 im KZ Dachau, danach wurde er wieder nach Sachsenhausen überstellt. Seit dem 20. Januar 1944 musste er im Großen Ziegelwerk, einem wegen der harten Bedingungen gefürchteten Sachsenhausen-Nebenlager, arbeiten. Am 16. September 1944 wurde er im Lager festgenommen. Auf Anordnung des RSHA-Sonderkommandos IV A 1 a (Gestapo) zur Bekämpfung kommunistischer Aktivitäten im Lager kam er am 25. September für einen Monat zur „Isolierung“ in den KZ-Block 58. Vermutlich als zusätzliche Strafe und um innerhalb des Lagers aufgebaute kommunistische Sozialkontakte zu kappen, wurde er am 25. Oktober 1944 von Sachsenhausen in das Konzentrationslager Mauthausen verlegt. Hier trug er die Häftlingsnummer 108432 und war in Block 11 untergebracht. Für die ersten vier Wochen vermerkt die Häftlingspersonalkarte unter der Rubrik der zugewiesenen Arbeit: „ohne Einsatz“, und danach: „Rüstung“.

Am 5. Mai 1945 befreit, konnte er nach Hause zurückkehren. Sein Vater war im KZ Dachau umgekommen. In Rastatt leitete Geiges den „Antifa“-Ausschuss und wurde vom 23. November 1945 bis zum 1. April 1946 als kommissarischer Bürgermeister von Rastatt eingesetzt. In dieser Funktion forderte er soeben noch gewesene Nationalsozialisten zu gemeinnütziger Dienstleistung auf: „Da Sie als ehem. Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen sich mitschuldig an den heutigen Zuständen gemacht haben, verpflichte ich Sie zur Abtragung eines Teils dieser Mitschuld zur Aufräumungsarbeit“.

Seit Mitte April 1946 amtierte er als Erster Beigeordneter der Stadt Rastatt. Bis zu seiner Verabschiedung in den Ruhestand 1973 war er in der Stadtverwaltung, aber auch in der Gewerkschaft ÖTV tätig. Geiges pflegte Kontakte zu ehemaligen Mitgefangenen, innerfamiliär sprach er aber nicht über seine Hafterfahrungen.

Karl Geiges starb am 14. Januar 1988 in Karlsruhe. In Rastatt trägt eine Straße seinen Namen.

Auf der Übersichtskarte ist die Wohnadresse der Familie Geiges markiert: 76437 Rastatt, Kanalstraße 8. Dort befindet sich auch ein Stolperstein für Karl Geiges.


Quellen und Literatur

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.26.3 Individuelle Unterlagen Männer Mauthausen - Karl Geiges
1.1.38 Listen ehemaliger politischer Gefangener des KL Sachsenhausen 4137256
1.1.38.1 Schriftwechsel des vom RSHA IV eingesetzten Sonderkommandos zur Bekämpfung "kommunistischer Umtriebe" im Lager 4136936

Staatsarchiv Ludwigsburg
EL 350 I Bü 5254 (Anna Halder)

Staatsarchiv Freiburg
D 180/2 Nr. 197212 (Spruchkammer Südbaden)
F 196/1 Nr. 70 (Landesamt für die Wiedergutmachung, Außenstelle Freiburg)

Wikipedia Personenartikel: Karl Geiges

Ursula Krause-Schmitt u.a. (Red.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945, Baden-Württemberg I. Frankfurt/M. 1991, S. 125.

Adalbert Metzinger: Menschen im Widerstand – Mittelbaden 1933-1945 (= Sonderveröffentlichung des Kreisarchivs Rastatt, Band 13). Rastatt 2017, S. 34-37.


© Text und Recherche:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: April 2021
www.kz-mauthausen-bw.de