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Karl Mager (1890 - 1967)

Ein deutsch-österreichischer Kommunist

18.03.1933 bis 15.04.1933 KZ Heuberg
15.04.1933 bis 18.04.1933 Amtsgerichtsgefängnis
29.08.1935 bis 13.09.1935 U-Haft
20.04.1938 Verhaftung, Landgerichtsgefängnis Innsbruck
04.02.1939 Polizeigefangenenhaus in Innsbruck
15.02.1939 KZ Dachau
27.09.1939 KZ Mauthausen
15.08.1940 KZ Dachau
26.04.1945 Todesmarsch
02.05.1945 Befreiung

Karl Mager wurde am 18. Januar 1890 in Kukmirn (ungarisch: Kukmér) im Burgenland geboren. Der damals ungarische Ort gehört seit 1919 zu Österreich. Karls Eltern waren Josef Mager und Theresia, geborene Peter. Er besuchte die Volksschule. Während des Ersten Weltkriegs versah er 1915 bis 1918 Dienst in der Kraftfahrtruppe Graz.

Karl Mager lebte, unterbrochen von seiner Militärdienstzeit, seit 1908 in Deutschland. Er wohnte in Sindelfingen, Schillerstraße 11, später Mozartstr. 7. Er war seit 1921 verheiratet mit Emma Mager, geborene Schrägle, und hatte zwei Söhne. Von Beruf Anreisser und Karosseriebauer, arbeitete er bei der Firma Daimler-Benz in Sindelfingen. Mager beantragte im September 1932 als österreichischer Staatsbürger die Einbürgerung in Württemberg. Der Gemeinderat Sindelfingen hat selbigen Antrag am 22. September und nochmals am 13. Dezember 1932 aus offensichtlich politischen Gründen „nicht befürwortet“. Bereits 1920 war wegen Magers umfangreichen Aktivitäten für die Kommunistische Partei (KPD) sogar seine Ausweisung in Erwägung gezogen worden.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde er am 17. März 1933 als bekannter kommunistischer Funktionär in seiner Wohnung in Sindelfingen verhaftet und auf Anordnung des Oberamts Böblingen über das Amtsgerichtsgefängnis Böblingen für einen Monat in das Konzentrationslager auf dem Heuberg verbracht. Von dort kam er „zur Ausweisung nach Österreich“ ins Amtsgerichtsgefängnis zurück, wo er noch einige Tage bis zur Ausstellung der offiziellen Ausweisungsverfügung verbleiben musste. Seine Familie konnte er nicht nach Österreich mitnehmen. Es ist daher nachvollziehbar, dass es ihn zurück nach Sindelfingen zog. Nach seiner Ankunft hier wurde er Ende August 1935 verhaftet und am 12. September vom Amtsgericht Böblingen wegen unerlaubter Rückkehr nach Deutschland zu zwei Wochen Gefängnis verurteilt und erneut ausgewiesen.

Karl Mager wohnte nun in Innsbruck, Purtschellerstr. 6. Wenige Wochen nach dem deutschen Einmarsch und dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde er am 20. April 1938 in Innsbruck verhaftet und ins Landesgerichtsgefängnis Innsbruck verbracht. Ein gegen ihn eingeleitetes Hochverratsverfahren, unter anderem wegen des Verdachts der illegalen Zellenbildung im österreichischen Bundesheer und Verbindungen zum Ausland, wurde am 20. Januar 1939 eingestellt.

Image
Mager_Karl_Schreibstubenkarte
Schreibstubenkarte KZ-Dachau (ITS Digital Archive, Arolsen Archives Dok. Nr. 10700631)

Am 15. Februar 1939 wies ihn die Stapostelle Innsbruck in das Konzentrationslager Dachau ein. Dort erhielt er die Häftlingsnummer 32484 mit dem Vermerk 2xKL, da er nach dem Heuberg nun zum zweitenmal im KZ war, Kategorie deutsch-österreichischer Schutzhäftling ("Sch. DÖ"). Im Mai 1939 wurde er aus dem KZ Dachau vorübergehend entlassen. Nach 14 Tagen kam er wieder ins KZ zurück. Vermutlich wurde er in dieser Zeit der Justiz zur Verfügung gestellt. Ob ein Verfahren gegen ihn anhängig war, geht aus den vorliegenden Unterlagen aber nicht hervor.

Mit dem Massentransport vom 27. September 1939 anlässlich der temporären Umnutzung des Lagers Dachau für Ausbildungszwecke der SS kam er in das Konzentrationslager Mauthausen. Registriert wurde er unter der Häftlingsnummer 32484/1778 mit dem Vermerk „Rückf. Schutz“ (also: rückfälliger Schutzhäftling, entsprechend der in Dachau vorgenommenen Kategorisierung). Bei der Personalienerfassung wurde unter der Rubrik „kriminelle Vorstrafen“ auf das Strafregister verwiesen (die erwähnte unerlaubte Rückkehr nach Deutschland 1935); unter den Rubriken Parteizugehörigkeit und politische Vorstrafen (das Hochverratsverfahren war ja bereits eingestellt) findet sich in der überlieferten KZ-Karteikarte kein Eintrag.

Am 14. August 1940 wurde Mager von Mauthausen in das KZ Dachau rücküberstellt und dort wieder unter seiner alten Dachauer Häftlingsnummer 14431 geführt. Bei der von Himmler befohlenen Totalevakuierung des KZ Dachau kam Mager am 26. April 1945 auf einen sogenannten Todesmarsch (vgl. Biografie Werner Groß). Am 2. Mai 1945 wurde er von amerikanischen Truppen befreit. Seine Dachauer KZ-Schreibstubenkarte ist mit dem Stempel „DELIVERED IN THE CAMP BY U.S. ARMY“ versehen.

Am 28. Mai 1945 kam Karl Mager, der in der Haft nach eigenem Bekunden auf 40 Kilogramm abgemagert war und an Hungerödemen litt, zurück nach Sindelfingen. Sein Sohn Kurt war im Krieg gefallen, der andere Sohn befand sich in Gefangenschaft. Karl Mager wurde als politisch Verfolgter anerkannt und bezog Wiedergutmachungsleistungen. Beim Bau eines eigenen Hauses in der Absicht, dem Sohn eine Wohnung zu verschaffen, musste er sich aber erheblich verschulden.

Mager, der nach 1945 die deutsche Staatsbürgerschaft erwarb, betätigte sich nach dem Krieg für die Kreisstelle für die politische Verfolgten des Naziregimes in der Schillerstraße in Sindelfingen.  Auch war er bis April 1947 bei der Entnazifizierung als Mitglied der Spruchkammer Böblingen aktiv. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1955 war er Justizangestellter in seiner Funktion als öffentlicher Anwalt. Er litt bis zuletzt gesundheitlich an den Folgen der KZ-Haft und starb am 29. August 1967.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Karl Magers Wohnadresse vor seiner Verhaftung: Schillerstraße 11 in 71065 Sindelfingen.


Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.1.6.2 Individuelle Unterlagen Dachau / Karl Mager
1.1.6.7 Schreibstubenkarten Dachau Dok. Nr. 10700631
1.1.26.3 Individuelle Unterlagen Männer Mauthausen / Karl Mager
6.3.3.2 Korrespondenzakte T/D - 277 723

Staatsarchiv Ludwigsburg
EL 350 I Bü 707
EL 902/4 Bü 8576 (= Spruchkammer 6 - Böblingen: Verfahrensakten)
FL 300/33 I Bü 15123 (= Schlichter)

Hauptstaatsarchiv Stuttgart
EA 11/150 Bü 2559


© Text und Recherche:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: April 2021
www.kz-mauthausen-bw.de