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Oskar Brantner (1913 - 1941)

Nach Österreich emigrierter Fremdenlegionär

08.04.1940 Verhaftung durch die Gestapo in Steyr
16.04.1940 Polizeigefängnis Linz
07.06.1940 KZ Dachau
10.03.1941 KZ Gusen
21.08.1941 ermordet in Hartheim

Image
Brantner_Oskar_Treml
Oskar Brantner
Fotoarchiv Otto Treml https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org

Der am 14. April 1913 geborene Oskar Johann Brantner war der Sohn des Wagners und Tagelöhners Johann Brantner und seiner Partnerin Frieda Maier. Das unverheiratete Paar wohnte in Lörrach, Teichstraße 32, später Schützenweg 7. Oskar Brantner erlernte den Beruf des Maschinenschlossers. Doch war es angesichts der im Gefolge der Weltwirtschaftskrise grassierenden Arbeitslosigkeit schwierig bis unmöglich, eine feste Anstellung zu finden. Die damalige berufliche Aussichtslosigkeit dürfte ihn mit dazu bewogen haben, sich zu einem fünfjährigen Dienst bei der Französischen Fremdenlegion zu verpflichten.1

Nach seiner Legionärszeit emigrierte Brantner aus Nazi-Deutschland ins damals noch nicht annektierte Österreich. Mit ihm zog die gesamte Familie Brantner einschließlich seines Bruders Willibald nach Steyr in Oberösterreich. Dort heiratete Oskar Brantner am 27. September 1936 die drei Jahre ältere, aus dem Bezirk Steyr stammende Hedwig Hanetzeder. Am 17. März 1937 wurde die Tochter Sonja Maria geboren. Den Lebensunterhalt für sich und seine Familie verdiente Oskar Brantner bei der Steyr-Daimler-Puch AG, deren Hauptwerk sich am Ort befand.

Die Gründe, weshalb Brantner von der Staatspolizei verfolgt wurde, sind nicht vollständig geklärt. Man vermutet neben seiner Vergangenheit als Fremdenlegionär seine Nähe zur politischen Linken – es heißt, er sei Mitglied der illegalen österreichischen kommunistischen Partei gewesen. Ein 2017 in „Die Oberbadische" erschienener Artikel zu Oskar Brantner spekuliert über einen möglichen Subversionsverdacht gegen den Maschinenschlosser bei den Steyr-Daimler-Puch-Werken. Diese waren nach dem 1938 erfolgten Anschluss Österreichs an NS-Deutschland zu einem wichtigen Rüstungsunternehmen für die Wehrmacht umgeformt worden.

Am 8. April 1940 jedenfalls wurde Oskar Brantner von der Gestapo verhaftet und eine Woche später in das Polizeigefängnis Linz überstellt. Am 7. Juni 1940 kam er in das Konzentrationslager Dachau als Schutzhäftling Nummer 13170. Am 10. März 1941 wurde er – vermutlich galt dies als eine Strafmaßnahme – von Dachau in den Lagerkomplex Mauthausen verlegt. Mit einem Transport von 150 deutschen, als „Steinmetzlehrlinge“ bezeichneten Häftlingen kam er in das im Mai 1940 errichtete Mauthausen-Nebenlager Gusen (Gusen I), wo er die Gusen-Häftlingsnummer 11016 erhielt.

Nach fünf Monaten harter Arbeit im Steinbruch des Lagers Gusen I setzte man Oskar Brantners Namen auf eine Transportliste von „Häftlings-Invaliden“ vom KZ Mauthausen in das KZ Dachau. Der angegebene Zielort „Dachau“ war in diesem Fall allerdings nichts anderes als eine Tarnbezeichnung für die 30 Kilometer westlich von Mauthausen gelegene Vernichtungsanstalt Schloss Hartheim in Alkoven bei Linz. Der Transport, der am 21. August 1941 abging, umfasste 80 Gefangene: vier Deutsche (darunter auch Hermann Albrecht, siehe Biografie), zwei Österreicher, 48 Polen, 25 Spanier und einen Jugoslawen. Alle diese Häftlinge wurden am selben Tag in der Hartheimer Gaskammer durch Kohlenmonoxyd getötet.

Anfang Oktober 1941 erhielt die Witwe des Ermordeten, Hedwig Brantner, eine vom Mauthausen-Lagerkommandanten Franz Ziereis gezeichnete Mitteilung, dass ihr Ehegatte „am 21.9.1941 an den Folgen einer Lungenentzündung im hiesigen Krankenhaus“ gestorben sei. Zur Tarnung der Tatsache, dass Brantner Opfer einer gezielten Massenvernichtungsaktion war, hatte die KZ-Kommandantur nicht nur die Todesursache und den Todesort, sondern auch das Todesdatum gefälscht.

Als die Witwe nach dem Krieg Opferentschädigung beantragte, verlangte man von ihr einen Nachweis „für den aktiven Einsatz“ ihres ermordeten Gatten gegen den Nationalsozialismus. Brantners Tochter erhielt eine monatliche Rente und der Witwe wurde schließlich eine Haftentschädigung zugesprochen. Am 1. November 1954 beging Brantners Tochter Sonja Maria im Alter von 17 Jahren Suizid. Ihre Mutter – mittlerweile nach Kanada ausgewandert – erhob daraufhin schwere Vorwürfe gegen die postnazistische Gesellschaft. Das Mobbing seitens eines Teils der Steyrer Bevölkerung habe zur psychischen Zerrüttung ihrer Tochter geführt. Bekanntlich wurden durch polizeiliche Willkür in den Mauthausen-Lagerkomplex eingewiesene Personen nach der Befreiung in Österreich nicht selten – und dies noch bis in die jüngste Zeit hinein – diffamiert und pauschal als sozial und moralisch minderwertig abqualifiziert.

In seinem Herkunftsort Lörrach war das Schicksal Oskar Brantners nach Auskunft des Leiters des dortigen Stadtarchivs bis in die jüngste Zeit unbekannt. Der Name Oskar Brantner wurde in einem Artikel in der regionalen Presse erstmals im Jahr 2017 öffentlich genannt.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Oskar Brantners Wohnsitz in 79585 Lörrach-Steinen, Schützenweg 7.

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 1 Der genaue Zeitpunkt des Eintritts Brantners in die Fremdenlegion ließ sich nicht ermitteln.

 

Quellen und Literatur

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
1.2.2 Gefängnisse / Auszüge aus Gefangenenbüchern des Gerichtsgefängnisses Waldshut, Einlieferungsdaten: 13.4.39 – 7.4.40, 6.11.39 – 25.6.41, Signatur 4272001
0.1 / 16581541, 16581542, 16581543

Archiv Mauthausen Memorial (AMM)
B/15/14 „Häftlinge-Invalide nach KL Dachau" (Hartheim)

Searching Dachau Concentration Camp Records in One Step (https://stevemorse.org/dachau/dachau.html)

Herbert Albrecht: Gegen das Vergessen. Der Wahlsteyrer Oskar Brantner, in: Land zwischen Hochrhein und Südschwarzwald, Beiträge zur Geschichte des Landkreises Waldshut. 2017. Seite 112-121 (dort weitere Quellenangaben); Text auch online verfügbar: https://raumdernamen.mauthausen-memorial.org/index.php?id=4&p=169111 (15.2.2021).

Hansjörg Noe: Im Renaissance-Schloss ermordet, in: Die Oberbadische v. 6.8.2017 (https://www.verlagshaus-jaumann.de/inhalt.loerrach-im-renaissance-schloss-ermordet.1a157542-f749-459a-896d-a4022ca4b162.html (eingesehen 15.2.2021).

Florian Schwanninger: Die Rekonstruktion der Namen der Toten der „Aktion 14 f 13“ in der Tötungsanstalt Hartheim – Beispiel einer institutionellen Kooperation, in: Andreas Kranebitter (Hg): Gedenkbuch für die Toten des KZ-Mauthausen und seiner Außenlager. Bd.1. Wien 2016, S. 40-48.


 

© Text und Recherche:
Roland Maier, Stuttgart
Stand: Juni 2021
www.kz-mauthausen-bw.de