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Hans Banzhaf (1899 - 1945)

08.01.1943 KZ Mauthausen
13.01.1943 KZ Gusen
10.04.1943 KZ Auschwitz
04.02.1945 KZ Dachau
06.05.1945 Tod in Dachau


Hans Banzhaf wurde am 4. Januar 1899 als unehelicher Sohn der Wilhelmine Banzhaf in Tübingen geboren und später evangelisch getauft. In seinem Lebenslauf von 1935 gab er an, über seine Eltern sei ihm "gänzlich nichts bekannt". Bis zu seinem sechsten Lebensjahr sei er von einem Fräulein Sch. erzogen worden, die nächsten drei Jahre habe er bei seinen Großeltern in Gerstetten (Oberamt Heidenheim) gelebt. Danach habe ihn seine Mutter [sic] in der Fürsorgeanstalt Paulinenpflege in Winnenden untergebracht. Er habe in der Schule "sehr leicht gelernt" und wollte Lehrer werden, aber "niemand gab die Mittel zum studieren".

So begann er nach der Volksschule eine Bäckerlehre in Stuttgart-Untertürkheim. Dort sei er von einem Gesellen zur "Schlechtigkeit verführt worden". Mit 15 Jahren wurde er erstmals straffällig und musste die Lehre abbrechen. 
Im Ersten Weltkrieg leistete er vom Februar 1917 bis Kriegsende Militärdienst an der Front. Während des Kriegs brachte er nach einer Verschüttung mehrere Monate in einem Lazarett zu. Ihm wurde beim Militär eine "gute Führung" bescheinigt und das Eiserne Kreuz 2. Klasse sowie die württembergische silberne Verdienstmedaille verliehen. 1920 trat er in die französische Fremdenlegion ein. Nach seiner eigenen Darstellung war er von französischen Werbern verschleppt worden. Im Abschlussgutachten des Gefängnisses Schwäbisch Hall vom 27. Mai 1932 wird dagegen vermutet, dass er sich dadurch einer Haftstrafe – zu der er aus nicht genannten Gründen verurteilt worden war - entziehen wollte.

1930 kam Hans Banzhaf von der Fremdenlegion zurück und verbüßte seine noch anstehende Haftstrafe. Anschließend wohnte er bei Verwandten in Baden, danach arbeitete er bei einem Bäckermeister in St. Ludwig im Elsass. Im März 1933 heiratete er Maria Mödel und lebte mit ihr in Ulm in der Neugasse 17. Er fand eine Anstellung als Tierparkwächter bei der Stadt Ulm, wurde aber wegen Unzuverlässigkeit bald wieder entlassen. Seine Ehe sei gut, seine Frau gäbe ihm den Halt, der ihm bisher gefehlt habe: "wir sind gut miteinander und werden es nach meiner Haftentlassung noch mehr sein", schrieb er 1935 im Gefängnis in seinem Lebenslauf. 
Die nächsten Jahre waren jedoch geprägt von weiteren Straftaten (meist Diebstähle und Unterschlagungen) und ihrer justiziellen Ahndung, mit der Folge, dass er deutlich mehr Zeit in Gefängnis und Zuchthaus als in Freiheit verbrachte.

Im vorläufigen Abschlussgutachten des Gefängnisses Schwäbisch Hall vom 22. Januar 1936 wurde Banzhaf eine ausgesprochen schlechte Prognose gestellt: "Im Gegensatz zu früher bewies sich der Gefangene als ein völlig unverträglicher, hetzerischer, unbotmässiger und verlogener Charakter, der ganz aus sprunghaften Einfällen und Trieben heraus hemmungslos handelte und an Drohungen, Heuchelei und Beleidigungen auch im Briefwechsel mit seiner auf Scheidung dringenden Frau das Menschenmögliche leistete. [...] Der Gefangene ist in seiner moralischen und charakterlichen Zerrüttung durchaus als Psychopath zu werten, auf den der Strafvollzug, vorerst wenigstens, keinen nennenswerten Einfluss auszuüben imstande ist."

Image
Hans Banzhaf, erkennungsdienstliches Foto, Staarsarchiv Ludwigsburg E 356 d V Bü 871 

Ähnlich wurde er im Abschlussbericht des Zuchthauses Ludwigsburg vom 4. Februar 1937
beurteilt: unehelich geboren, "frühkriminell", keine Berufsausbildung, Gelegenheitsarbeiter, charakterlich "finster, verschlossen, unzugänglich, starkes Geltungsbedürfnis",
stehe er seinen Straftaten und Strafen "ohne Reue, gleichgültig" gegenüber. Seine "soziale Prognose [sei] sehr zweifelhaft".
Gleichwohl kam die Zuchthausverwaltung zu dem Schluss, dass Banzhaf zu diesem Zeitpunkt weder für eine "Entmannung", noch für eine Sicherungsverwahrung in Frage käme. Am 18. April 1937 wurde er aus dem Zuchthaus Ludwigsburg mit einem Zeugnis aus der Zuchthaus-Weberei, in der er während seiner Haft gearbeitet hatte, entlassen. Darin wurde ihm bescheinigt, dass er einfache und Wechselwebstühle bedienen könne.

1938 befand er sich wieder im Zuchthaus Ludwigsburg, ab da verliert sich seine Spur. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt muss er in Sicherungsverwahrung gekommen sein.

Im September 1942 vereinbarte Reichsjustizminister Otto Georg Thierack mit dem Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler die schubweise Auslieferung aller Sicherungsverwahrten, die bisher der Justiz unterstanden und in den Sicherungsanstalten einsaßen, an die Polizei (nur Gestapo oder Kripo konnten, über Antrag beim Reichsicherheitshauptamt, KZ-Einweisungen vornehmen). In den Konzentrationslagern sollten sie - wie es explizit hieß - der „Vernichtung durch Arbeit“ preisgegeben werden.
Dieser Beschluss betraf auch Hans Banzhaf. Am 8. Januar 1943 wurde er zusammen mit 207 weiteren Sicherungsverwahrten aus der Sicherungsanstalt Straubing (Sicherungsanstalt: meist eine Abteilung im Gefängnis, in die die Sicherungsverwahrten nach Strafverbüßung in den Maßregelvollzug überführt wurden) in das Konzentrationslager Mauthausen deportiert. Dort wurde er als Sicherungsverwahrter ("SV") registriert und erhielt die Häftlingsnummer 20782.
Nur wenige Tage später, am 13. Januar 1943, wurde er in das nahegelegene KZ Gusen verlegt.

Am 10. April 1943 überstellte man ihn in das KZ Auschwitz und erteilte ihm die Häftlingsnummer 113835. Am 9. Oktober 1944 erfolgte seine Verlegung in den Häftlingskrankenbau (Block 20), vier Tage später kam er dort auf die Stube 10 für an Lungen-Tuberkulose Erkrankte. Vermutlich im Rahmen der Evakuierungsmaßnahmen des KZ-Komplexes Auschwitz kam er am 4. Februar 1945 ins KZ Dachau. Nachdem am 29. April 1945 die US-Armee zur Befreiung des Dachauer Hauptlagers einmarschiert war, verstarb er im dortigen Hospital am 6. Mai 1945 im Alter von 46 Jahren.

Im Juli 1954 wurde von einer Frau König, geb. Kessler (möglicherweise eine Halbschwester von Hans Banzhaf, da die Mutter später einen Kessler geheiratet hatte), beim Amtsgericht Ulm beantragt, Hans Banzhaf für tot zu erklären. Der Internationale Suchdienst Arolsen konnte dem Amtsgericht Ulm die dafür nötigen Unterlagen zukommen lassen.

Die Markierung auf der Übersichtskarte zeigt Hans Banzhafs letzte frei gewählte Wohnadresse Neugasse 17 in Ulm.

 

Quellen

ITS Digital Archive, Arolsen Archives
Korrespondenzakte, Hans Banzhaf, TD 364632
1.1.6.7 Schreibstubenkarten Dachau/Hans Banzhaf

Staatsarchiv Ludwigsburg
E 356 d V Bü 871

Archiv Memorial Mauthausen 
Häftlingsdatenbankauszug vom 6.10.2023

 

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